Schon vom Weiten kann ich durch die Scheiben die vielen Menschen drinnen sehen, die freudig ins Gespräch vertieft genau das tun, wovor ich gerade ziemlich Schiss habe: Networking. Der Influencer Bash im Sneak In findet statt und ich begebe mich nun in Ermangelung ausreichend interessierter Freunde alleine in Richtung „networking„.

Meine Schritte werden langsamer, als ich mich dem Eingang nähere und ich versuche ein nettes, unverbindliches Lächeln aufzusetzen. Ich bin mir sicher, dass ich eher wie ein verschrecktes Kaninchen ausgesehen haben muss. Ich bahne meinen Weg durch die Rauchermassen und wo ich sonst leicht rüpelhaft Ellbogen und Körperkraft einsetze, bediene ich mich nun nur eines zaghaften „‚Tschuldigung„.

Drinnen angekommen erschlägt mich die Hitze und das Stimmengewirr. Ich fühle mich ziemlich einsam und verloren in dieser Masse aus wunderschönen und makellosen Menschen. Ich habe noch nie so viele perfekte Gesichter auf einem Haufen gesehen. Gut, der ein oder andere Ausreißer mag dabei sein. Aber das Gros der Gesellschaft sieht aus wie aus dem Bilderbuch. Als ob ein Photoshopfilter über dieser ganzen Location liegen würde.

Was machst du nun?, ist die Frage. Der sichersten Wege, um Menschen kennen zu lernen, sind Alkohol und Zigaretten (Ja, Anstandswauwaus, schlagt die Hände über dem Kopf zusammen und rennt im Kreis!) Also hole ich mir meinen obligatorischen Weißweinspritzer, obwohl ich mir vorgenommen hatte, diese Woche nichts zu trinken – aber das Business geht nunmal vor. Bewaffnet mit einem kleinen Mutmacher, bahne ich mir meinen Weg wieder zurück durch die Menschenmassen zu einer etwas freieren Stelle. Ich bin zwischen all den großen Männern und Frauen auf Absatz mit meinen unbehighheelten 1,71 wahnsinnig winzig. Die Menschen um mich herum sind heraus geputzt, aus jeder Ecke strahlen mich die verschiedensten Marken an. Ob Prada oder Karl Lagerfeld, die Leute sind gestyled wie zur Fashion Week. Und dabei war es doch nur ein Networking Event für „Influencer„.

Schließlich komme ich neben einer sehr großen, schönen und auch künstlichen Frau zu stehen, die ein Foto von ihrem Foto macht. Fotoception. Und ich frage sie: „Bist du das auf den Foto?„. The networking is on! Mit einem kühlen und hörbar stolzen „Ja“ und meinem leicht resignierten „Cool„, ist das Gespräch dann auch wieder beendet. Networking failed. Anscheinend war ich ihrer nicht würdig, denn ich bin auf keinem der ausgestellten Fotos zu sehen. Also klammere ich mich weiterhin an mein Getränk und halte nach einer weiteren einsamen Seele Ausschau. Zu meinem Leidwesen gibt es keine andere einsame Seele, denn um halb 10 hatten sich die Grüppchen schon gebildet und die meisten sind sowieso nicht alleine gekommen.

Denn wer geht schon alleine auf so ein Event? Klar, man will networken und alleine sein ist dabei von Vorteil. Meint man. Denn eigentlich geht es nur ums Sehen und Gesehen werden. Nachdem ich ein bisschen hoffnungslos 20 Minuten in der Gegend rumgestanden bin, Menschen nett angelacht und schon fast aufgegeben habe, sehe ich eine Gruppe von Mädchen, die bodenständiger als der Rest wirken. Und ich denke mir: Hey, ich bin bei der Hälfte meines Glases, wenn nicht jetzt, wann dann? Und schon tragen mich meine Füße wie ferngesteuert zu ihnen und ich stelle mich dazu mit den Worten „Hey, kann ich mich zu euch gesellen, denn langsam wird es peinlich alleine rumzustehen.“ Kurze Blicke werden ausgetauscht und ein verlegenes, höfliches „ja klar“ kommt mir entgegen. Also bleib ich stehen. The Networking is on. Again. Nach einer kurzen Eisphase bricht selbiges auch relativ schnell und eine kurze Vorstellungsrunde folgt. Reium lerne ich Anita, Justyna und Vanessa kennen. Und schon bin ich nicht mehr allein. Ich habe genetworkt. Boo yaa!

Das Abend gestaltet sich noch sehr nett, mit lockeren Gesprächen und interessanten Begenungen. Und ich habe Zeit mir die Menschen um mich herum anzusehen.

Anita Sookan und The Dorie

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5 Dinge, die man von so einem Abend lernt

1. Du musst noch viel lernen

Ziemlich sicher ist das Posing der meisten nicht so perfekt, wie das der Leute vor Ort. Da wird das glänzende Haar geworfen, das Lächeln ist freundlich aber distanziert, der Blick über die Schulter wirkt unverkrampft. Zack, Drehung, Lächeln, Haarwurf, Klick. Foto perfekt. Und wenn du das schon kannst, dann musst du eben lernen dich richtig zu vermarkten. Leger angezogen, ist ja schließlich keine Gala? Buuuuuuh, Loser! Hier zeigt man sich. Hier ist man was, wenn man zeigt, was man hat. Und niemals die Heels vergessen. Man, hab ich mich klein gefühlt!

2. Fühl dich toll

Das geht mit 1. einher. Fühl dich toll. DU bist der Blogger und DU bist der Influencer. Wenn du dich nicht toll fühlst, wer soll es dann tun? Du verkaufst dich. Kein Platz für falsche Scham, außerdem ist das ein Haifischbecken. Schüchtern kannst du woanders sein.

3. Instagram ist deine Visitenkarte

Und meine sieht wirklich mies aus. Keiner fragt mehr nach Facebook. Ist was für alte Menschen. Und Papierzettel sind ja ganz nett, aber über die kann man keine Direct Message schreiben und auch niemanden taggen, was das networking erst recht pusht (ja, ich benutze absichtlich diese Ausdrücke 😉 ). Dein Instagram ist in dieser Branche dein Ausweiß. Und wenn du kein k hinter deinen Followern stehen hast, tja, dann siehts halt schlecht aus, gell Schätzchen?! Und ich bin mit meinen 500 Followern ja ungefähr nicht würdig. Ich bin nur froh, dass die Mädels das anders gesehen haben, höflich meine Fotos komplimentiert und geliket haben und nicht ganz so weit von meinen Followern entfernt sind. Nur so ca. das doppelte haha. Mein Farbschema ist nonexistent, meine Bilder nicht immer 1A. Oh ich muss noch so viel lernen → Gehe zurück zu Punkt 1.

4. Die Blogger Branche ist auch falsch

Blogger verkaufen Dinge oder Lifestyles. Das wissen wir alle. Der Unterschied bisher war immer der Glaube, dass sie es wesentlich ehrlicher tun, als es die normale Werbeindustrie tut. Sie sind näher am Konsumenten, sie sind offener. Das stimmt auch sicherlich. Und nichtsdestotrotz ist alles vieles fake. Die Bilder werden retouchiert, die Blogger lachen in die Kamera und wecken bei den Lesern Bedürfnisse, die sie vorher nicht hatten. Oh warte, mach ich das etwa auch? KLAR! Von irgendwas muss man ja leben. Aber während ich viele ethische Grundsätze habe und noch nie etwas über ein Produkt oder Marke erzählt habe, was ich nicht vertreten konnte, so kamen mir gestern bei den ganzen Plastikpuppen doch Zweifel, ob diese Grundsätze nicht eher die Minderheit vertritt. Ziehe ich gerade meine eigene Berufssparte in den Dreck? Ja. Dummes Kind → Gehe zurück zu Schritt 2.

5. Du willst dabei sein!

Ich habe abgelästert, ich habe sie schlecht gemacht und ich will unbedingt dabei sein. Oh man, was für ein Opfer! Aber ja, es fesselt. Und wenn du auf so ein Event gehst, du wirst immer eine Mischung aus tiefster Bewunderung und leichtem Ekel empfinden. Diese Welt ist so konträr. Und spannend. Und du willst dazu gehören. Glaub mir.

Love ♥ Eure Dorie