Kolumne: Über Markengeilheit, Gruppenzwang und meine erste Designerhandtasche
Es ist so weit: Ich habe mir zum ersten Mal eine Designerhandtasche gekauft. Als Fashionblogger sollte das eigentlich kein so großes Ereignis sein. War es für mich aber dann doch.
Ich wurde sehr sparsam erzogen und in meiner Kindheit und Jugend waren Markenklamotten mehr oder minder unbedeutend. Ich hatte immer das große Glück, dass ich in der Schule nicht mein mühsam erspartes Geld für die neusten Trend-Klamotten rauswerfen musste, nur damit jeder das Logo sieht. Später habe ich mitbekommen, dass das Thema Markenklamotten in den unteren Klassen meiner Schule durchaus ein Thema wurde. Ich weiß nicht, ob das durch die sozialen Medien kam oder ob mein Jahrgang einfach auf solche Oberflächlichkeiten keinen Wert gelegt hat. Was auch immer der Fall ist, ich bin dankbar dafür, dass das so war. Denn am Ende sind es wirklich nur Oberflächlichkeiten, oder?
Der Druck der Umwelt
Als Studentin habe ich auch sparsam gelebt und es nie nachvollziehen können, wie man so viel Geld für eine Sache ausgeben kann, die es genauso schön (wenn vielleicht auch nicht so hochwertig) woanders zu kaufen gibt – für ein Drittel des Preises. Als ich das Bloggen begonnen habe und immer mehr auf anderen Fashionblogs unterwegs war, da wuchs dann aber doch langsam der Wunsch mir die gleichen Sachen leisten zu können. Ist es der Gruppenzwang? Wenn alle mit Markenprodukten herumlaufen, dann will ich das doch auch können. Zwingen wir Fashionblogger uns unbewusst gegenseitig gewissen Standards zu entsprechen? Wahrscheinlich bedeutet es in der Bloggerwelt genau das gleiche, wie in jeder anderen Welt: Kannst du dir teure Klamotten leisten, dann hast du es geschafft. Und gerade als Modeblogger will man doch zeigen, dass die Markenklamotten total zum Alltag gehören, weil das ja auch die Professionalität ausdrückt. Zumindest habe ich manchmal den Eindruck, dass manche so denken. Dabei ist der persönliche Stil das eigentliche Alleinstellungsmerkmal eines Modebloggers. Aber das nur am Rande.
Während der Wunsch also so langsam heranwuchs, gab es noch ein neues Ereignis in meinem Leben: Ein neuer Job im chicen ersten Wiener Bezirk, das erste Mal Vollzeit arbeiten, das erste Mal ein ordentliches Gehalt auf dem Konto. Wenn man dann jeden Tag durch diesen Bezirk läuft und all die teuer gekleideten Menschen durch die Straßen laufen sieht, dann möchte man irgendwie dazu gehören. Schließlich arbeitet man ja sowieso schon Seite an Seite mit ihnen. Und so kam es, dass ich mich in eine Handtasche von DKNY verliebt habe und mir dachte: Warum eigentlich nicht?!
Manchmal muss man sich selbst etwas beweisen
Ich habe diesen Kauf noch keinen einzigen Tag bereut und trage meine Tasche wirklich gerne und – im Vergleich zu meinen anderen Handtaschen – passe auch wirklich gut auf sie auf. Doch ich habe auch viel darüber nachgedacht, was mich – den Sparfuchs – dazu bewegt hat, doch so viel Geld für eine simple Handtasche auszugeben.
Neben den genannten Umständen, gibt es wahrscheinlich noch einen dritten Grund, warum mir solche Sachen plötzlich wichtig sind: Ich möchte mir etwas beweisen!
Wie bereits gesagt: Teure Accessoires und Klamotten zeigen, dass man es geschafft hat. Und ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass das einfach nur ein Trugschluss ist. Das man nur durch teure Klamotten es noch gar nicht geschafft haben muss. Und dass es auch nicht das Wichtigste ist. Was bedeutet „es geschafft zu haben“ eigentlich überhaupt? Schließlich hört unsere Reise ja nicht irgendwo auf und dann lehnen wir uns zurück und entwickeln uns nicht mehr weiter. Zumindest sollten wir das nicht, denn die Weiterentwicklung, das entdecken neuer Dinge, macht das Leben meiner Meinung nach doch erst lebenswert. Aber trotz all dieser rationalen Argumente, möchte ein anderer Teil in mir mir trotzdem beweisen und zeigen und es auch spüren, dass ich nicht mehr die „arme Studentin“ bin. Dass ich einen Job habe, von dem ich mir was leisten kann. Dass ich solche Käufe tätigen kann, wenn ich es will. Und das ist ein wunderbares Gefühl.
Wenn ich im September mein Masterstudium beginne und zurück in die Rolle der Studentin schlüpfe, dann werden auch wieder andere Zeiten anbrechen. Aber dann kann ich meine Tasche nehmen und daran denken, dass alles nur eine Phase ist. Und jede Phase ihre eigenen Reize hat.
26 Comments
Milli
6 Jahren agoIch liebe jede einzelne meiner Handtaschen und finde, dass jeder selber entscheiden muss wofür er oder sie sein Geld ausgibt. Bei teuren Reisen auf die Malediven oder Bali wird schließlich auch niemand schief angeguckt mir dem „wie kannst du dafür nur soviel Geld ausbgeben?“ – Ausdruck. Letztendlich ist der Unterschied: Eine Reise kann man nicht anfassen und auch nicht permanent sehen. Die Handtasche schon und das hat eine ganz andere Wirkung in der Gesellschaft als die Tatsache, dass jemand einen teuren Urlaub gemacht hat.
Liebe Grüße, Milli
(https://www.millilovesfashion.de)
Dorie
6 Jahren agoVon der Seite aus habe ich das noch nie betrachtet! Du hast absolut Recht 🙂
Liebe Grüße
Bea
6 Jahren agoLiebe Dorie,
es ist unfassbar, aber sogar ich habe ein paar Designer-Taschen im Schrank. Eine Mamabloggerin. Tja. Warum? Weil ich damals nach einer langen harten Elternzeit wieder begonnen habe zu arbeiten in einem wirklich harten Job (Reinigung, als Büglerin) und da wollte ich mich selbst belohnen. Eigentlich bin ich auch der Sparfuchs. Aber diese Taschen (ja Mehrzahl!) wollte ich unbedingt. Es fing mit einer an (gebraucht!) und ging mit einer einzigen neuen und 2 aus einem Lagerverkauf weiter.
Lieben Gruß, Bea.
Dorie
6 Jahren agoUnd es ist ein total tolles Gefühl, wenn man sich sowas gönnt, oder? 🙂
Ich werde aber zukünftig auch mehr die Second Hand Läden durchstöbern!
Liebe Grüße
Wioleta
6 Jahren agoLiebe Dorie,
In meiner früheren Klasse war es zum Glück wie bei dir und keiner hatte nennenswerte Marken getragen (auch wenn ein Teil der Klasse modisch recht früh orientiert war). Erst in der Berufsschule kam das Michel Kors Fieber und plötzlich stand jeder mit einer Handtasche da. Ich habe aus Überzeugungbis heute keine
Dorie
6 Jahren agoIch bin auch kein Fan von MK, da schließe ich mich dir an ;D
Liebe Grüße!
Rotter
6 Jahren agoAuch ich habe das eine oder andere Designerstück im Kasten. Dabei spielen jedoch die Keyplayer der Branche keine Rolle. Donna Karan lässt mich persönlich völlig kalt. Ich liebe die Individualität und gehe eher bei Wiener Designern auf die Pirsch. Gerade bei ROEE findet man in deren Shop ab und an ein Gustostückchen und das hat dann KEINER, ausser mir :-))
Dorie
6 Jahren agoOh, den Shop muss ich gleich mal auskuntschaften! Danke für den Tipp. Hast du noch mehr auf Lager?
Alles Liebe
Nicole Kirchdorfer
6 Jahren agoLiebe Dorie,
als ich noch so jung war wie Du und natürlich ob des Studiums auch nicht eben so viel Kohle hatte, da war ich ein steter Gast von günstigen Klamotten Läden. Mit steigendem Einkommen und vor allem durch meinen (mittlerweile) Ehemann, der außerordentlich umweltbewusst und stets bestens informiert ist, bin ich dazu übergegangen mir eher die teuren Labels zu kaufen. Zum einen geht es mir um Langlebigkeit (ich kaufe mir eher klassische, als allzu modische Trendsachen), zum anderen aber auch um Produktionsbedingungen. H&M, Zara und wie sie alle heißen betreiben ihr Geschäft leider auf dem Leid anderer und soweit möglich sollte man das nicht unterstützen, finde ich. Abgesehen davon hatte sich mein erstes und einziges Zara H&M T-Shirt nach der ersten Wäsche derart verzogen, dass ich es als Putzlappen benutzt habe.
Klar, ich sitze da auf dem hohen Ross, weil ich es mir leisten kann, aber es ist am Ende des Tages doch so ähnlich wie bei der Bio-Fleisch/Fisch Diskussion…gäbe es all die Menschen, die behaupten auf die Tierhaltung wert zu legen, gäbe es keine Fleischtheken bei Aldi. Natürlich kann ich verstehen, dass eine 4-köpfige Familie weder für Bio, noch für Markenklamotten genügend Einkommen hat, aber am Ende des Tages könnten alle ihr Ess- und Einkaufsverhalten durch vernünftige Mengen regulieren, d.h. einfach nur 1 x die Woche Fleisch (und ich bin übrigens kein Vegetarier, sondern liebe Fleisch), dann aber gutes, oder eben Designer Schnäppchen beim Second Hand suchen (das mache ich heute noch häufig).
Ein schlechtes Gewissen für Deinen Kauf, brauchst Du ganz und gar nicht zu haben. Und mit Gruppenzwang hat das für mich auch nichts zu tun. Es ist die Erfüllen Deines Wunsches, für den zum Glück Geld da war. Du wirst sehen. Von dieser Tasche wirst Du noch ewig haben, denn a) wird sie immer ein Klassiker bleiben, b) hat sie die nötige Qualität und c) Du passt ganz anders darauf auf, als auf diesen ganzen Billigkram, den jeder zweite trägt und der Morgen ohnehin out ist.
Alle Daumen hoch!
Und wenn Du je in Wiesbaden bist, dann zeig ich Dir einen tollen Second Hand, in dem die ganzen Reichen und Schönen, von denen es in Wiesbaden einige gibt, die hochwertigen Sachen nach einer Saison abgeben 😉
Alles Liebe, Nicole
Dorie
6 Jahren agoLiebe Nicole, danke für deinen tollen Beitrag!
Ich koche mittlerweile auch unter der Woche ausschließlich vegetarisch und gönne mir dafür 1x am Wochenende ein Bio-Fleisch 🙂
Ich muss mich mal auf die Suche nach solchen Second Hands in Wien begeben 🙂
Liebste Grüße
Elisa
6 Jahren agoIch finde, dass ein persönlicher und individueller Stil einen Modeblogger*in ausmachen und nicht die Designerlabels. Der Druck der bei vielen entsteht, stammt ja auch nur von einem selbst und nicht von der Umwelt. Nur weil andere etwas besitzen, muss ich mir ja keinen Druck machen es auch zu haben…
Liebst, Elisa
Dorie
6 Jahren agoDas ist absolut richtig! Danke für deinen Beitrag 🙂
Liebe Grüße
Steph
6 Jahren agoBin oft auch hin und hergerissen bei diesem
Thema. Ich besitze tatsächlich kein einziges ricjtiges Designerteil (bis jetzt) 😉
LG
Dorie
6 Jahren agoWas nicht ist, kann ja noch werden 😀
Liebste Grüße auch
L♥ebe was ist
6 Jahren agoeine sehr interessante Kolumne liebe Dorie! meine Designer-Teile stammen ja ausnahmslos alle aus 2. Hand – auf diese Weise spare ich Geld und kann mir dennoch was schönes gönnen 🙂
liebste Grüße auch,
❤ Tina von liebewasist.com
Liebe was ist auf Instagram
Dorie
6 Jahren agoDas steht auch auf jeden Fall auf meiner Liste öfter Second Hand Läden zu durchforsten 🙂
Liebe Grüße
Mandy
6 Jahren agoDesignerstücke geben mir nichts. Ich bin vor allem ein Freund von Second Hand, weil ich den Kleidungskonsum so gering wie möglich halten will und es so viele schöne Schätze da draußen gibt, die im Schrank verstauben. Gerade bei Designerstücke wird meist nur der Markenname bezahlt, die Qualität ist meist nicht anders als bei billigeren Stücken. Sehe das Ganze also kritisch. Dennoch kann ich es verstehen, wenn sich jemand von seinem Geld etwas schönes gönnen will. Der eine investiert das Geld in Urlaub, der andere geht in einem Luxusrestaurant essen und wiederum ein anderer kauft sich eine Designertasche/Schmuck oder ähnliches.
Liebe Grüße,
Mandy von https://esportlive.org
Dorie
6 Jahren agoJa, Second Hand ist definitiv etwas, was ich künftig auch öfter ansteuern will 🙂
Ansonsten stimme ich dir auch in allen Punkten zu!
Liebste Grüße
Anja
6 Jahren agoAch wie toll. Eine wunderbare Tasche hast Du Dir ausgesucht, ich kann gut verstehen, dass Du Dich in diese Tasche verliebt hast. Manchmal darf man sich auch etwas gönnen. Sonst macht das Leben doch auch keinen Spass.
Liebste Grüße
Anja von https://ponkshape.de
Dorie
6 Jahren agoDanke liebe Anja 🙂
Diana
6 Jahren agoEhrlich gesagt geben mir Designer Klamotten oder teure Labels auch nichts. Auch bei mir war das damals in der Schule nie ein Thema oder es ging unbemerkt an mir vorbei. Und auch heute, wo ich mir sicherlich die ein oder andere Designertasche leisten konnte, brauche ich keine. Ich brauche aber auch kein teures Auto etc.. Ich denke es liegt viel an der Erziehung und den eigenen Wertvorstellungen im Leben. Wenn mich eine Designertasche glücklich machen würde, warum nicht kaufen, wenn man sie sich leisten kann? Und gerade beim ersten richtigen Job wenn man plötzlich viel Geld verdient, möchte man sich manchmal einfach was gönnen, wenn man jahrelang als „armer“ Student immer auf’s Geld gucken musste. Aber ich denke wer vorher nie Wert auf Labels gelegt hat, wird auch nicht plötzlich der totale Marken-Junkie, sondern gibt dann Geld lieber für andere Dinge aus wie schönen Urlaub, ein Eigenheim etc. Also genieße deine neue Designertasche und trage sie mit Freude 🙂 Vor allem wenn man sie sich vom Geld des ersten eigenen, richtigen Jobs gekauft hat, „fühlt“ sie sich doch wie eine kleine „Belohnung“ für das stressige Studium an 😀
Dorie
6 Jahren agoDanke für deinen lieben Kommentar!
Ja, auch für mich würde niemals eine Tasche vor einen Urlaub gehen 🙂 Aber wenn trotz Urlaub was übrig ist.. 🙂 Es fühlt sich tatsächlich wie eine Belohnung an!
Liebe Grüße
Loving Carli
6 Jahren agoIch bin da ganz bei dir meine Liebe. Bin ebenfalls sparsam erzogen worden obwohl ich aus keinem armen Elternhaus komme. Aber meinen Eltern war wichtig, dass wir Geld zu schätzen wissen und das tue ich. Ich habe einige Markenteile aber mir jedes Mal lange überlegt ob ich sie kaufen soll. Und wie du, passe ich gut darauf auf.
Liebe Grüße
Melanie von https://www.lovingcarli.com
Dorie
6 Jahren agoEs ist ja auch wichtig, dass man Geld zu schätzen weiß, sonst sind die Markensachen ja auch irgendwie wertlos 🙂
Liebste Grüße!
Sarah
6 Jahren agoDu Liebe,
du schreibst/sprichst mir aus der Seele. Mir geht es auch so und ich wurde ebenfalls „sparsam“ erzogen. Ich hab eine Furla im Schrank und gestehe, dass ich sie seit letztes Jahr Weihnachten erst 2x getragen habe, weil sie mir zu wertvoll ist. Ich stehe total auf Qualität und erfreue mich eher daran als an der Marke. Ich finde z.B. auch einige Modelle von Gucci mega, würde sie mir aber wegen des Preises niemals kaufen.. ist’s mir einfach nicht wert 🙂
Liebste Grüße,
Sarah
http://www.vintage-diary.com
Dorie
6 Jahren agoOh eine Furla steht auch noch auf meiner Wunschliste, aber da muss ich noch auf einen geeigneten Anlass warten, um mir die zu gönnen 😀
Ja, je teurer die Sachen werden, desto mehr hat man Angst, dass sie kaputt gehen!
Liebste Grüße!